Mich hat es erwischt. Ich bin krank
und habe seit drei Tagen Fieber. Nichts, worüber sich indische Ärzte Sorgen
machen. Ich nehme Tabletten, trinke und schlafe viel und pflege mich so gut ich
kann. Macht Euch keine Sorgen. Mir geht´s nicht wirklich schlecht, abgesehen
von der Schwäche, bin ich topfit. Jedenfalls im Geiste. Ich sehe alles um mich
herum und habe das Gefühl die Welt dreht sich langsamer. Die Tage dauern
Ewigkeiten, wie in Zeitlupe sehe ich die Menschen in unserer Straße ihren
Geschäften nachgehen. Jeder hat etwas Besonderes an sich und fasziniert mich
schon allein durch bloße Anwesenheit. Kleinste Details erregen meine Aufmerksamkeit
und ich lasse meine Gedanken schweifen, weit hinaus über die Dächer unseres
Blocks, über die Grenzen dieser riesigen Stadt.
Wenn ich nicht gerade schlafe und
absurde Träume habe, beobachte ich Mister Alfredo wie er Reisstückchen aus
unserem Müll fischt. Oder ich freue mich wie seine Kinder auf dem
gegenüberliegenden Dach Fangen spielen. Mister Alfredo ist ein
Streifenhörnchen. Aber ich habe auch menschliche Freunde ;)
Die Kinder in der Straße kennen mich
schon und vom Sehen kenne ich sie auch alle. Manche grüßen mich sogar, wenn ich
auf dem Weg zum nächsten Shop bin, um Bananen oder Tea Powder zu kaufen.
"Bye Tanyakka" (akka heißt so viel wie große Schwester). Ihr
Lieblingsspiel scheint es zu sein, wie irre mit dem einen Fahrrad, das sie haben,
die Straße rauf und runter zu sausen, um dann aufgefordert zu werden ihre
Fahrerlaubnis zu zeigen. Die imaginere Erlaubnis wird schnell rausgeholt und
noch ein paar ebenso imaginere Geldscheine. Dann geht die Fahrt weiter nicht
ohne das dazugehörige Motorengeheul. So läuft das also, gut zu wissen.
Es ist nie ruhig. Aber es ist
wundervoll. Ich habe das Gefühl mittendrin zu sein. Die sich immer
wiederholenden Lieder, die vom Kino gegenüber herübertönen, kann ich
mittlerweile auch schon. Das vehemente Klingeln der Glöckchen, wenn im
Nachbarhaus morgens und abends Pooja ist (Pooja ist das Gebet der Hindus), ist
irgendwie beruhigend. Die Rufe des Muezzins zeigen mir, dass der Tag doch
irgendwie voranschreitet. Die Gesprächsfetzen, die ich von der Straße
aufschnappe, lassen mich meine wenigen Kannada-Kenntnisse nicht ganz vergessen.
Der Verkehrslärm, der von der Hauptstraße herüberschallt erinnert mich daran,
dass ich in der Großstadt bin. Das leise Klimpern der Fußkettchen, wenn eine
Frau die Straße durchquert, klingt wie Musik für mich. Aber am schönsten ist
es, die Kinder reden, spielen und lachen zu hören.
Bald gibt es etwas ueber meine Erlebnisse vom Diwali-Festival zu lesen, einem der groessten Festivals der Hindus...
bis bald
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