Dienstag, 5. November 2013

18. oktober


Mich hat es erwischt. Ich bin krank und habe seit drei Tagen Fieber. Nichts, worüber sich indische Ärzte Sorgen machen. Ich nehme Tabletten, trinke und schlafe viel und pflege mich so gut ich kann. Macht Euch keine Sorgen. Mir geht´s nicht wirklich schlecht, abgesehen von der Schwäche, bin ich topfit. Jedenfalls im Geiste. Ich sehe alles um mich herum und habe das Gefühl die Welt dreht sich langsamer. Die Tage dauern Ewigkeiten, wie in Zeitlupe sehe ich die Menschen in unserer Straße ihren Geschäften nachgehen. Jeder hat etwas Besonderes an sich und fasziniert mich schon allein durch bloße Anwesenheit. Kleinste Details erregen meine Aufmerksamkeit und ich lasse meine Gedanken schweifen, weit hinaus über die Dächer unseres Blocks, über die Grenzen dieser riesigen Stadt.
Wenn ich nicht gerade schlafe und absurde Träume habe, beobachte ich Mister Alfredo wie er Reisstückchen aus unserem Müll fischt. Oder ich freue mich wie seine Kinder auf dem gegenüberliegenden Dach Fangen spielen. Mister Alfredo ist ein Streifenhörnchen. Aber ich habe auch menschliche Freunde ;)
Die Kinder in der Straße kennen mich schon und vom Sehen kenne ich sie auch alle. Manche grüßen mich sogar, wenn ich auf dem Weg zum nächsten Shop bin, um Bananen oder Tea Powder zu kaufen. "Bye Tanyakka" (akka heißt so viel wie große Schwester). Ihr Lieblingsspiel scheint es zu sein, wie irre mit dem einen Fahrrad, das sie haben, die Straße rauf und runter zu sausen, um dann aufgefordert zu werden ihre Fahrerlaubnis zu zeigen. Die imaginere Erlaubnis wird schnell rausgeholt und noch ein paar ebenso imaginere Geldscheine. Dann geht die Fahrt weiter nicht ohne das dazugehörige Motorengeheul. So läuft das also, gut zu wissen.
Es ist nie ruhig. Aber es ist wundervoll. Ich habe das Gefühl mittendrin zu sein. Die sich immer wiederholenden Lieder, die vom Kino gegenüber herübertönen, kann ich mittlerweile auch schon. Das vehemente Klingeln der Glöckchen, wenn im Nachbarhaus morgens und abends Pooja ist (Pooja ist das Gebet der Hindus), ist irgendwie beruhigend. Die Rufe des Muezzins zeigen mir, dass der Tag doch irgendwie voranschreitet. Die Gesprächsfetzen, die ich von der Straße aufschnappe, lassen mich meine wenigen Kannada-Kenntnisse nicht ganz vergessen. Der Verkehrslärm, der von der Hauptstraße herüberschallt erinnert mich daran, dass ich in der Großstadt bin. Das leise Klimpern der Fußkettchen, wenn eine Frau die Straße durchquert, klingt wie Musik für mich. Aber am schönsten ist es, die Kinder reden, spielen und lachen zu hören.

Bald gibt es etwas ueber meine Erlebnisse vom Diwali-Festival zu lesen, einem der groessten Festivals der Hindus... 

bis bald 

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