Freitag, 28. September 2012

"don´t worry, we are from the navy!"



 Schon fast ein ganzer Monat ist vergangen seit ich aus dem Flugzeug in diese komplett andere Welt gestolpert bin. Zwar ist seitdem viel passiert, aber es fühlt sich dennoh nicht an wie ein Monat.

Am letzten Wochenende waren wir in Gokarna, einer kleinen Stadt am Meer nördlich von Kundapur (für alle Geographen unter euch! :D). Die Stadt hatte ihren ganz eigenen Charme, durch den sie sich deutlich von allen Städten, die ich bisher in Indien gesehen hab, unterschieden hat. Gokarna ist nicht sehr groß, aber dafür sehr vielfältig. Die meisten Häuser sind niedrig und sehr schön verziert, an jeder zweiten Ecke tut sich unerwartet ein Eingang zu den unzähligen Tempeln auf und ab und zu kann man am Ende einer engen Gasse das Meer erspähen. Teilweise hat es mich an italienische Mittelmeerstädte erinnert, was aber sich beim Blick in die nächste Gasse schon wieder verflüchtigt hatte.
Mittags als wir müde vom Herumlaufen waren, entdeckten wir einen kleinen Pavillon hoch oben auf einer Klippe. Im kühlen Schatten genoßen wir die Aussicht auf das unglaublich blaue Meer und unseren Mittagssnack, der aus Crackern und süßen Zitronen bestand.

Am Nachmittag kamen wir am Om Beach an, der unweigerlich ans Paradies erinnerte. Weiße Strände, klares blaues Wasser, ein paar Palmen und weit und breit nur sehr wenige Menschen. Nachdem wir ein Zimmer in einer der Hütten am Strand gebucht hatten, ging es natürlich erstmal ins Wasser. Wir suchten uns eine verlassene Stelle und tauchten in die Wellen. Kurz nachdem wir im Wasser waren, schlug eine Gruppe von 20 Indern ihr Lager neben unserem auf. Und auch sie stürzten sich in die Wellen. Als es uns ein bisschen zu viel wurde, schnappten wir unsere Sachen und flücheten 100 Meter weiter. Und tatsächlich blieben drei von ihnen hartnäckig und folgten uns. Der beste Satz des Tages war dann: "Don´t worry, we are from the Navy, you can trust us!!!" Hahahhaha!
Naja wenigstens haben sie uns dann noch auf einen Drink eingeladen, bevor sie zurück zu ihrer Basis mussten.
Am Sonntagmorgen standen wir extra früh auf, um den Sonnenaufgang zu beobachten, was sich wirklich gelohnt hat. Auf einem ins Wasser ragenden Felsen bewunderten wir das Schauspiel des Sonnenaufgangs, in dessen Strahlen die Fischer mit ihren Booten heimkamen. Wie in Trance saßen wir da und ließen uns von den Strahlen allmählich aufwärmen, ich hatte nämlich in der Nacht ziemlich gefroren.
Zum Frühstück gab es eine ganz besondere Leckerei: Chocolate Banana Pancake. Mmmhh Lecker und dazu noch eine willkommene Abwechslung zu dem Frühstück in meiner Gastfamilie. :)
Wir mussten uns dann auch schon bald wieder auf den Rückweg machen. An der Küste entlang liefen wir zurück nach Gokarna, krakselten über Klippen und schlugen uns durch den Jungel. wir waren froh als wir dann noch rechtzeitig den Bahnhof erreichten...
Der Zug war keinesfalls so voll wie man sich indische Züge vorstellt und auch auf den Dächern waren keine Passagiere zu finden. Allerdings gab es Verkäufer mit Chai, Gebäck und Süßigkeiten, die im 10 Minuten Takt an uns vorbeiwuselten. Laetitia und ich wären dann beinahe an der falschen Station ausgestiegen, aber wie sollten wir die auch im Dunkeln wiedererkennen!? :)
Die Woche verlief ansonsten ziemlich ruhig. Am Dienstag hatte ich meine erste Tanzstunde in traditionellem indischen Tanz. Der alte huzlige Professor sieht mit seiner Brille, die seine Augen enorm vergrößert, nicht so aus als könnte er uns das Tanzen beibringen. Wenn er sich aber bewegt, sieht man ihm die Erfahrung und das Können an, das sich in einer Anmut zeigt, wie ich sie diesem alten Herren nicht zugetraut hätte. Allerdings habe ich schon heute nach der zweiten Tanzstunde das Gefühl, dass der traditionell indische Tanz viel mehr ist als nur Tanz. Er ist wie eine Religion. Es gibt viele Rituale, die in den Stunden abgehalten werden und statt zu tanzen werden uns die Namen und Bedeutungen verschiedener Figuren erklärt. Ich bin gespannt, wie es nächste Woche weitergeht :)
Ich mache außerdem gute Fortschritte in Kannada. Die Konjugationen der Verben und die Verneinung hab ich jetzt auch schon drauf. Nur an Vokabeln fehlt mir noch einiges. Aber ich hab ja noch 10 Monate.  

Was es noch so zu sagen gibt:
 Es ist immernoch sehr nervenaufreibend für mich im Bus ganz vorne zu sitzen. Jedesmal wenn uns ein riesiger LKW mit Höchstgeschwindigkeit entgegenkommt und der Busfahrer nur hupt statt zu bremsen, krieg ich nen kleinen Herzanfall.
Das Geheimnis der verlorenen Schuhe konnte ich noch immer nicht lüften. Überall findet man am Staßenrand Schuhe, aber immer nur einen. Wo ist der andere Schuh und warum verliert man seinen Schuh am Straßenrand?
Es verwirrt mich immernoch, wenn mich die Leute fragen, was ich zum Frühstück gegessen hab. Klar, "oota aytha" heißt "hast du gegessen" und meint so viel wie "wie geht´s". Aber wenn mich die Leute in Englisch fragen, was ich zum Frühstück hatte, dann komm ich immer ein bisschen aus dem Konzept.
Die Leute hier sind oft sehr hilfsbereit, auch wenn sie keine Ahnung haben, was du willst. Aber wenigstens fühlt man sich nie mit seinem Problem allein gelassen.
Mittlerweile kann ich schon der Plumsack-geht-um auf Kannada spielen. :)

Bis bald! Namaskara und goodbye!
Eure Tani 



Donnerstag, 20. September 2012

Happy Ganesh

Eine weitere Woche voller Erlebnisse, von denen ich nun berichten möchte.
Ach übrigens Donnerstag habe ich zum Blog-Tag auserwählt!

Ein sehr erfrischendes und tolles Erlebnis hatte ich am letzten Mittwoch. Jeden Mittwoch findet in Kundapur ein Treffen der Freiwilligen in einem Restaurant statt. Unsicher was mich da erwarten würde, machte ich mich auf den Weg dahin. Nachdem ich mich kurz verlaufen hatten, war ich dann sehr froh schon viele bekannte Gesichter im Restaurant der JK Towers vorzufinden. Einige kannte ich aber noch nicht. Die meisten anderen waren Deutsche, aber es waren auch Jesus aus Spanien und Carlo aus Italien dabei. Leider konnte ich mich nicht mit allen unterhalten, aber nichtsdestotrotz war es ein sehr gelungener schöner Abend, einschließlich der amüsanten Rückfahrt mit Laetitia und gefühlten hundert starrenden Männern im Bus :)

Am Donnerstag hatte ich meine erste eigene Unterrichtsstunde in der 5. Klasse. Das war Chaos pur. Sie waren so begeistert, dass sie auf mich einstürmten, mir alles auf einmal zeigen wollten und  mich dabei fast über den Haufen rannten. Es hat dann auch die ganze Stunde lang gedauert, von jedem ein Foto mit seinem Namen an der Tafel zu machen. Ich bin noch ein bisschen überfordert mit den Kindern, weil ich nicht weiß, was sie schon können und was ich deshalb mit ihnen machen soll. Aber bald werde ich sie besser kennen und mir auch die ganzen indischen Namen merken können. Und dann geht´s richtig los...

Am Wochenende habe ich mit ein paar anderen Freiwilligen einen Tagesausflug nach Udupi gemacht. Die Stadt, die unserem District hier seinen Namen gibt, ist zwar größer als Kundupur, aber viel mehr gibt es dort auch nicht zu sehen. Die einzige Attraktion ist der Krishna-Tempel, der in ganz Indien bekannt ist.
In dem Tempel war trotz der Menschenmassen eine ganz besondere Atmosphäre. Gedämpftes Licht, gelegentlich ein Glockenschlag, summende Mönche und überall kleine Flammen. Fasziniert saßen wir eine Weile einfach nur da, ließen das ganze auf uns wirken und beobachteten die Gläubigen, die vor dem Abbild ihres Gottes niederknieten.
Der Tempel war erstaunlich groß. Es gab noch viele weitere Räume, z.B. einen mit einem übers Dach hinausragenden Baum oder einer der aussah wie eine Grabstätte. Ein absurdes Bild tat sich uns auf als wir in eine riesige Halle kamen, die an eine Markthalle erinnerte. Dort standen neben vielen Souvenirshops Menschen in einer langen Essensschlange, da es im Tempel frei Essen für alle Besucher gab. Dahinter standen mehrere Kühe in Ställen. Ich hatte mich nun schon daran gewöhnt, überall Kühe zu sehen. Immerhin glauben die Hindus daran, dass die Kuh eine Wohnstatt der Götter ist. Aber Kühe im Tempel? Das hatte ich mir nicht vorstellen können.
Nach dem Gewusel im Tempel genoßen wir die beruhigende Sicht auf den Teich, der offenbar auch zum Tempel gehörte.
Vor dem Tempel trafen wir noch auf einen alten Hindu, der uns bereitwillig unsere vielen Fragen zu Göttern und dem Glauben an die Wiedergeburt der Seele beantwortete. Er erklärte uns, dass es mit den Göttern und Gläubigen ist wie in einer Firma. Natürlich kann man nicht immer sofort mit dem Chef sprechen, zuerst wendet man sich an die Angestellten, die dann das Anliegen an den Chef weitergeben. Und so wenden sich auch die Hindus erst an die kleinen "angestellten" Götter, bevor sie mti einem der drei "Chef"Götter reden. Eigentlich ganz einfach zu verstehen. :) Meine Gatsmutter hatte mir beim Frühstück erzählt, dass es 56 000 verschiedene Götter im Hinduismus gibt. Boahh, das muss dann aber ne große Firma sein.
Zwischendurch gönnten wir uns eine Kokusnuss, die wir genüßlich ausschlürften. :) Ganz links ist Manuel, daneben Hannah und Pauli hat das Foto gemacht.
In einem vom Lonely Planet empfohlenen Restaurant aße wir Mittag. Schon das Bestellen machte riesigen Spaß, da wir keine Ahnung von Tandoori und co hatten und einfach ins Blaue hinein bestellten. Wir ließen uns noch ein bisschen vom Kellner beraten und hatten Glück. Unser Essen schmeckte sehr gut, nur das uns sofort nach der Ankunft servierte Wasser trauten wir uns nicht zu trinken... Man weiß ja nie.
Zufrieden schlenderten wir noch ein wenig durch die Straßen von Udupi und landeten- wie könnte es anders sein- in vielen Klamottenläden. Mittlerweile wussten wir schon, was wir den of wenig Englisch sprechenden Verkäufern sagen mussten, damit sie für uns das rauskramten, was wir haben wollten. Ein Laden gefiel uns ganz besonders: Stoffe in allen erdenklichen Farben und Musterungen stapelten sich bis zur Decke, aufgeweckte Inderinnen diskutierten lautstark und die Verkäufen breiteten immer mehr Stoffe vor ihnen aus. Na gut, es gefiel eigentlich nur uns Mädchen ganz besonders. Manuel flüchtete nach wenigen Minuten und wartete geduldig draußen auf uns ;)
Im Handeln mit den Obstverkäufern sind wir nun auch schon alle ganz gut. Wir kennen schon viele der Früchte in Kannada und können uns mit dem Verkäufer auf 5 Rupien einigen, wenn er 8 haben will für eine Musumbi. Musumbi sind süße Zitronen, die eigentlich wie eine Mischung aus Mandarine und Orange schmecken. 5 Rupien sind übrigens weniger als 10 cent.
Hier versucht Manuel mal ernst zu sein, was ihm sehr schwer fällt, da er normaler Weise ständig am Grinsen ist :) Diese kleinen Bananen schmecken übrigens auch sehr gut und das grüne da in der Mitte konnten wir noch nicht ganz identifizieren...
Ein schöner Samstag in Udupi.

Am Sonntag bin ich ganz früh am Morgen mit meiner Gatsfamilie in die Kirche gegangen. Obwohl ich nichts verstanden hab, da der Gottesdienst in Konkani, einer kleinen Lokalsprache, gehalten wurde, konnte ich doch fast alles wiedererkennen. Der Ablauf unterschied sich kaum von einem Gottesdienst in Deutschland.
Ich finde es ein wenig schade, dass ich nicht in einer Hindu-Familie bin, wo ich noch viel mehr über Religion hätte lernen können. Aber immerhin feiert meine Familie Weihnachten :)
Auf dem Rückweg haben Deryl (meine Gastschwester) und ich noch Milch beim Holy Cross Orden geholt, nachdem unsere kleine Siedlung benannt ist. Dort haben wir einen alten Mann getroffen, der Deutsch konnte. Ich habe mich ein wenig mit ihm unterhalten und auf einmal wurde mir bewusst, wie viel Sprache ausmachen kann. Mit diesem alten Inder, den ich erst ein par Minuten kannte, fühlte ich mich schon verbundener als mit manch anderem Inder, mit dem ich viel mehr zu tun hatte. Der ganz simple Fakt, dass er meine Sprache sprach, berührte mich.

Am Nachmittag ging es dann endlich an den Strand. Der Weg dorthin von meinem Haus dauerte gerade mal 15 Minuten und dort angekommen bot sich mir ein Anblick, der mir dermaßen gute Laune machte, dass ich nicht aufhören konnte zu grinsen. Palmen, ein breiter weißer Strand und das Meer. Der Wind wehte mir den salzigen Geruch in die Nase und als ich meinen Blick über den Strand schweifen ließ, entdeckte ich in einiger Entfernung viele bunte Fischerboote, die so lustig dort lagen als hätte sie ein Kind beim Spielen vergessen. Ich konnte und wollte meinen Blick gar nicht mehr von diesem schönen Ort lösen, zumal die Sonne sich gerade dramatisch verabschiedete bevor sie ganz im Meer verschwand.
Nun war ich froh, dass ich hier gelandet war und nicht direkt in Kundapur. Diesen schönen Strand hätte ich sonst nicht vor meiner Haustür gehabt :)

Am Mittwoch war es endlich soweit: das Ganesha-Festival. Die Inder fieberten anscheinend genauso darauf hin wie ich. Schon Tage vorher war in der Times of India, die ich mittlerweile abonniert habe, von nichts anderem mehr die Rede. Auch wenn ich durch die Straßen lief, sah ich Plakate, die das Ereignis ankündigten und Töpfermeister, die fleißig Ganeshas in allen Größen anfertigten.
Schon am Dienstag wurde an der Straße ein bunt geschmücktes Zelt aufgebaut und als mir am Abend die Englischlehrerin eine HAPPY-GANESH-sms schickte, war ich wirklich gespannt, was es mi diesem Fest auf sich hatte.

Eine kurze Erklärung, wer Ganesha überhaupt ist
Ganesha ist der Sohn von Shiva, dem Zerstörer, und Gowri. Eines Tages formte Gowri aus Ton einen Sohn, den sie damit beauftragte, niemanden in ihre Gemächer zu lassen, während sie ein Bad nahm. Als dieser Sohn nicht einmal Shiva hinein lassen wollte, schlug ihm Shiva in seinem Zorn den Kopf ab. Als Gowri dies sah, war sie sehr wütend auf Shiva und sagte zu ihm: "Geh in den Wald und schlage dem ersten Lebewesen, das du triffst, den Kopf ab und bringe ihn meinem Sohn, so dass er wieder lebendig wird!" Naja und das erste Lebewesen war dann eben ein Elefant. Deshalb hat Ganesha einen Elefantenkopf. Er ist einer der beliebtesten Götter der Hindus und deswegen feiern sie auch ein so großes Fest ihm zu Ehren.

Wir Volunteers verbrachten unseren freien Tag am Strand. Wir waren eine lustige Runde und hatten eine Menge Spaß. Laetitia und ich trafen auf dem Rückweg am Abend auf ein paar indische Kinder, die uns mit zum Kanchugodu-Strand nahmen. Dort traf ich viele Kinder aus meiner Schule, die mich freudig begrüßten. Sie waren alle mit ihren Familien gekommen, um zu sehen, wie Ganesh im Meer versenkt wurde. Es gab eine große Zeremonie und dann war er auch schon verschwunden.
Nun wirklich auf dem Weg nach Hause, kamen Laeti und ich an dem Zelt vorbei, das schon zuvor so schön geschmückt worden war. Viele Leute waren da versammelt, um noch einen Ganesha zu ehren. Es war ein richtiges Dorffest :) Wir gesellten uns dazu und lernten eine nette Nachbarin kennen, die uns dann auch gleich noch zu sich nach Hause einlud.

Am Donnerstag legte ein landesweiter Busstreik den Verkehr lahm. Also hatten wir auch keine Schule. Laetitia und ich verbrachten den Tag wiedermal am Strand. Wir trafen erneut die nette Nachbarin vom Vorabend und sie nahm uns mit zu einer weiteren Versenkung Ganeshas. Es gab einen langen Zug mit lauter Musik, bunten Kleidern und ausgelassen tanzenden jungen Leuten. Wir waren mitten in der tanzenden Menge, die um den mit Blumen geschmückten Ganesha herumsprang bis wir zu einem Fluss kamen. Begleitet von lauten Trommeln, die immer eindringlicher dröhnten, wurde Ganesh im Fluss versenkt. Und plötzlich war alles vorbei. Jeder ging auf einmal wieder seinen eigenen Weg und der Zauber war verschwunden. Ich bin gespannt auf das nächste Festival, es gibt ja so viele hier! :)

Also bis nächsten Donnerstag meine Lieben
G-et
A-lways
N-ew
E-nergy
S-pirit &
H-appieness

Happy Ganesha!
Eure Tani 

Mittwoch, 12. September 2012

Namaskara


Nun bin ich endlich da, in Indien. In diesem riesigen Land, das unbeschreiblich ist. Ich kann immer noch nicht so recht begreifen, dass dies hier nun mein zu Hause sein wird und das für die nächsten 11 Monate.

Ich habe in der letzten Woche schon so viel erlebt, gesehen und so viele Menschen getroffen, aber ich will trotzdem versuchen, Euch einen kleinen Einblick zu geben.

Ich fange am besten ganz von vorne an:
Der Flug war sehr lang und wir kamen ganz früh morgens in Bangalore, der Hauptstadt von Karnataka, an. Schon die Luft roch nach Abenteuern. Wir wurden in ein Guesthouse von FSL India gebracht, wo wir nicht wussten, wohin mit uns. Niemand hatte uns in Empfang genommen oder uns erklärt, wie es nun weitergehen sollte. Anscheinend hatten wir aber noch einen Tag Zeit in Bangalore. Also wagten wir uns auf die Straße. Nur der Anblick von Menschen, die einfach über die Straße gehen, wo riesige Busse, Rikschas und Motorräder wild durcheinander fahren, war angsteinflössend. Und nun sollten wir uns selbst in dieses Getümmel werfen. Wir haben dann aber schon viel von Bangalore gesehen: den botanischen Garten, einen Tempel und einen Palast.

Am Abend ging es weiter nach Kundapur. 10 Stunden Fahrt mit dem Nachtbus auf holprigen Straßen. Das soll übrigens ganz normal für Inder sein. Ich hab fast die ganze Zeit geschlafen, während alle anderen große Probleme damit hatten. Also alle Freiwilligen, nicht die Inder, die haben auch geschlafen :) Gut, dass ich überall und zu jeder Zeit schlafen kann ;)

Wir kamen morgens in Kundapur in einem Hotel an, wo auch gleich die Orientation Week begann. Zum ersten Mal wurden wir richtig in Empfang genomme. Die Leute von Fsl sind total nett.
Wir haben die ganze Woche lang nützliche Infos bekommen, wie wir uns verhalten sollen und können. So war es ein sanfter Einstieg in das indische Leben.
Als Abschluss haben wir am Samstag eine Exkursion gemacht. Unser Koordinator Daya zeigte uns eine riesige Shiva-Statue, die war bestimmt so an die 30 Meter hoch. Sie stand auf einem Tempel direkt am Meer und ragte in den grauen Himmel als würde sie über alles ringsherum wachen. Danach ging es weiter zu den Jog Falls. Wir fuhren weit in den  Jungel hinein und irgendwann sahen wir wie sich die Wassermassen 200 Meter in die Tiefe stürzten. Wir waren zwar den ganzen Tag auf Jungel-Straßen unterwegs, aber es hat sich total gelohnt. Wir kamen außerdem in den Genuß von einem leckeren Lunch, der viel leckerer war als der in unserem Hotel. :)


Am Sonntag habe ich dann meine Gastmutter getroffen. Ich wohne bei ihr und ihrer Tochter (18) ein bisschen außerhalb von Kundapur (30 min mit dem Bus). Mit mir ist hier noch eine Französin, die kaum Englisch spricht und versteht. Anfangs habe ich mich noch ein bisschen für sie verantwortlich gefühlt und alles versucht zu übersetzen, aber das war so anstrengend, dass ich mittlerweile nicht mehr so viel übersetze. Es ist schon teilweise sehr schwierig mit ihr, aber sie bemüht sich auch sehr Englisch zu lernen, also mache ich ihr keinen Vorwurf.
Die Gastmutter ist sehr streng, aber kümmert sich auch sehr fürsorglich um uns. Sie will nur das Beste und es ist halt nicht ihre Art das nett zu sagen, sie spricht dann wie ein General :) do this, do that, eat that, wash that, come here! Aber sobald ich mich daran gewöhnt hatte, war es wirklich gut. Wir lachen viel zusammen und haben schon ein paar schöne Abende miteinander verbracht.

Nachdem ich am Montag mit den anderen Freiwilligen in Udupi zur Registrierung war, war Dienstag mein erster Schultag. Meine Gastmutter (Aunty) hat mich zur Schule gebracht, 10 min Fußweg. Die Schule liegt in einer kleinen Häuseransammlung, die Kanchugodu heißt. Es gibt die Klassen 1 bis 7, ich werde aber nur 4 bis 7 unterrichten. Die Lehrerinnen sind alle jung, aufgeschlossen und sehr nett. Ich bin bis jetzt immer nur der Englischlehrerin Sulochana hinterher gelaufen und hab mir ihren Unterricht angeschaut.
Die Kinder sind lebhaft und kommen immer zu mir "Madam, Madam". Heute habe ich kurz mit der zweiten Klasse eine Malstunde gemacht, de ich für Soluchana übernommen habe. Am Ende standen 10 Kinder um mich herum, haben auf ihr Heft gezeigt und gesagt: "Madam, Helicofter!" (viele jüngere Schüler sprechen statt dem p oft ein f) Also habe ich jedem einen Helicopter ins Heft gemalt :)
Die älteren Schüler sprechen gut Englisch und fragen schon immer, wann ich sie denn endlich unterrichte. Außerdem kommen sie immer alle zu mir und sagen mir ihre Namen in der Hoffnung, ich könnte sie mir merken. Aber das ist nicht so einfach, oft verstehe ich sie gar nicht richtig :)

Heute Abend fahre ich nach Kundapur zu einem Treffen der Freiwilligen. Es sind sehr viele Deutsche hier, aber auch ein paar Franzosen, Sweden und Italiener. Ich freue mich schon, alle wieder zu sehen. Mit vielen verstehe ich mich echt gut und wir werden bestimmt auch viele Wochenenden miteinander verbringen...

Was es sonst noch so zu erwähnen gibt:
Es regnet hier im Moment noch sehr viel. Mehrmals am Tag und dann aber nur 10 min ganz doll. Hab mir schon einen Regenschirm gekauft.
Überall auf der Straße liegen Schuhe rum, warum hab ich noch nicht herausgefunden.
Es gibt hier ständig Essen. Oft Reis, manchmal Brot aus Reis oder irgendwas Fritiertes. Die Früchte hier schmecken um vieles besser als die in Deutschand.
Ich hab schon einige Mückenstiche.
Aunty hat mir schon ausführlich beigebracht, wie ich meine Wäsche wasche.
Es ist immernoch etwas schwierig für mich, in Kundapur den richtigen Bus nach Hause zu finden. Die Ticketverkäufer schreien einfach die Busziele raus und man muss den richtigen erwischen. Mein Bus fährt nach Gangulli und wenn der Busfahrer das dreimal hinter einander ganz schnell ruft, klingt das schon ein bisschen lustig.
Die Bürokratie, die auch Indien nachgesagt wird, habe ich bei der Registrierung erlebt. Da musste ich einen langen Zettel ausfüllen, diese Daten hat ein Mann per Hand in ein Buch mit selsbtgemalter Tabelle eingetragen und neben ihm hat eine Frau alle Daten aus diesen Büchern abgetippt.
Meine Wassermelonen-Ohrringe kommen sehr gut an :D
Das rechts ist ürbigens mein Haus. Und da oben sehr ihr mein Zimmer, was ich mir mit Laetitia teile. Mein Bett ist das rechte. 

Das war jetzt ganz schön viel, ich versuche regelmäßig zu schreiben, damit ihr nicht immer so viel auf einmal lesen müsst.
Bis bald und Namaskara!




Samstag, 1. September 2012

Flieg los Kartoffelbrei Hex, hex!

Ja in letzter Zeit denke ich oft daran, was ich alles so erlebt habe in Berlin.Viele Orte erinnern mich an meine Kindheit und an meine Schulzeit. Und dann werden auch mal schnell alte Kassetten rausgekramt und dann denke ich an Bibi Blocksberg oder Pittiplatsch :) So langsam wird mir wirklich bewusst, dass diese Zeit jetzt vorbei ist und ein neuer Abschnitt meines Lebens beginnt.

"Bist du schon aufgeregt?" ist die mir wohl am häufigsten gestellte Frage in der letzten Woche. Natürlich bin ich aufgeregt, ich zerspringe fast vor Aufregung. Alles in mir kribbelt, wenn ich daran denke, dass ich bald am anderen Ende der Welt bin. Die letzten Stunden hier verbringe ich in einer Art Trance. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, nicht mehr in meinem Bett zu schlafen, mit meinem Fahrrad durch die Straßen zu düsen oder Klavier zu spielen. Alles kommt mir so unwirklich vor.

Zum Glück hab ich noch einige Dinge zu erledigen. Das lenkt mich ab, aber es stresst mich auch ein bisschen. Erst wenn ich morgen früh im Flugzeug sitze, werde ich von all den was-ich-noch-machen-muss-Gedanken befreit sein.

Ach du meine Nase! Mit gemischten Gefühlen denke ich an morgen. Klar ich freue mich unheimlich. Zuerst einmal auf die anderen Freiwilligen, die ich wiedersehen und mit denen ich mein nächstes Jahr verbringen werde. Und natürlich auf die Ankunft in Indien. Aber auf der anderen Seite bin ich auch traurig, mich von meiner Familie und meinen Freunden verabschieden zu müssen. Die letzten Wochen waren geprägt vom Abschiednehmen und morgen wird es bestimmt am emotionalsten.

So eigentlich ist ja jetzt noch nicht viel passiert. Ihr dürft gespannt sein, was ich nächste Woche alles so berichten werde :)

Auf bald! und namaste!