Donnerstag, 18. Oktober 2012

Mehr Energie, bitte!

Kein Strom= keine Fotos!
Es tut mir leid, dass es diesmal keine Fotos gibt, aber in letzter Zeit war hier wirklich sehr oft Powercut, was sich leider nicht verträgt mit dem Hochladeprozess für die Fotos. Der fehlende Strom hat auch letzte Woche meinen Plan durchkreuzt, den Blog zu schreiben... Ich schaffe es immer gerade so mit Müh und Not meinen Handyakku aufzuladen.

Die Wochen waren wiedermal ereignisreich und einzigartig. Auch nach fünf Wochen ist noch keine Routine eingekehrt, es bleibt nach wie vor spannend und viele neue Dinge passieren mir hier.
Am letzten Wochenende war ich mit vielen anderen Freiwilligen auf St. Mary´s Island, einer kleinen Insel in der Nähe von Udupi. Leider war es dort sehr voll, was vermutlich der Größe der sehr winzigen Insel zuzuschreiben war. Nichtsdestotrotz war es ein schöner Tag mit den anderen.
Außerdem habe ich eine Bollywood Dance Class in Trasi gefunden, die nur 5 Minuten von mir entfernt jeden Samstag und Sonntag stattfindet. Also habe ich mir Laetitia geschnappt und zusammen mit Marlene haben wir das mal ausprobiert. Anscheinend probten sie dort gerade für eine Art Show und Jugendliche in jedem Alter nahmen daran teil. Wir stellten uns einfach dazu und wurden auch sofort herzlich begrüßt und eingeladen mitzumachen. Mittlerweile waren wir schon sehr oft dort und sind ein Teil der Boysgroup geworden ;D Es macht wirklich Spaß und ich bin froh, diese Gruppe gefunden zu haben. Der Lehrer spricht zwar kaum Englisch, gibt sich aber unseretwegen sehr viel Mühe. Wenn er dann aber doch mal am Verzweifeln ist, dann sagt er Sachen wie: "Boys, What happened?! Dancing Style is no!!!" Hahaha...
Am Montag war ich mit Conni in Kundapur shoppen, wo wir einen Schreibwarenladen und viele Klamottengeschäfte reich machten ;)
Dienstag fing dann das Workcamp an, wo wir am Strand Kokusnussblätter flechten sollten, um daraus eine Hütte bauen zu können. Offiziell sind wir Teil des Schildkrötenprojekts und diese Hütte soll eine Art Informationsstand am Strand werden. Die einheimische Bevölkerung soll darüber aufgeklärt werden, dass die Schildkröten keinesfalls Fische fressen und dass es wichtig ist diese zu schützen. Dazu ziehen wir auch manchmal mit Flyern in der Tasche los in die Dörfer am Strand und in die Häfen, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Schildkröten geschützt werden müssen.
Oder wir malen riesige Schildkrötenbilder an Hauswände (natürlich ganz legal :D), was mir ganz besonders viel Spaß macht. Heute haben wir dann auch als krönenden Abschluss ein Theaterstück aufgeführt, das die Probleme für Schildkröten darstellen sollte.
So viel nur zu dem, was ich gemacht habe in den letzten beiden Wochen.
Jetzt zu dem, was ich gedacht habe und wie es mir so ergangen ist:
Inzwischen bin ich dabei, Indien still zu beobachten.
Ein Passbild einer alten Frau, das ich auf der Straße gefunden habe, hat mich darüber nachdenken lassen, wie viele Menschen es in Indien gibt. Und diese Frau ist nur eine einzige von ihnen und ihr Gesicht erzählt seine ganz eigene Geschichte. Nun versuche ich mir vorzustellen, wie viele Geschichten es in Indien wohl geben mag.
Mir ist aufgefallen, dass ich seit fünf Wochen nicht alleine war. Es war immer jemand um mich herum, sogar auf dem Weg zur Schule wurde ich von den Lehrerinnen abgeholt. Als ich dann zum Workcamp am Strand entlang gelaufen bin, hatte ich viel Zeit für mich und es war wunderschön einfach zu laufen und für mich zu sein. Seitdem laufe ich jeden Morgen eine Stunde zum Workcamp erst durch Trasi, dann am Highway entlang, der auf der einen Seite von Strand und auf der anderen von einem Fluss gesäumt ist, bis mir schließlich die kühlen Wellen die Füße umspülen und ich am Maravanthe Beach angekommen bin.
Immer wenn Stromausfall (Power Cut) ist, wird alles dunkel und ruhig. Manchmal kommt es äußert ungelegen, aber mittlerweile habe ich mich daran vollkommen gewöhnt. Denn vieles läuft hier eher spontan. Ob wir im Dunkeln die Dance Class fortsetzen oder statt fernzusehen ins Bett gehen, so ein Power Cut hält mich auf Trap und gibt den Situationen immer einen ganz besonderen Charme.
Wenn dann die Lichtenergie ausfällt, fordert der Tanzlehrer von uns umso mehr "energy and power" und das nach drei Stunden Training :) Wer da noch Energie hat, ist wirklich zu bewundern.
Auch ansonsten fehlt es mir hier manchmal an Energie, das alles zu machen, was ich machen will. Die vielen Dance Classes, ob nun traditionell oder semi-classical, machen so viel Spaß, aber da bleibt natürlich nicht mehr viel Zeit für anderes. Wie zum Beispiel den Unterricht planen oder den Blog schreiben. Das tut mir leid, aber andererseits genieße ich es mit Indern zu tanzen und immer wieder neue Leute zu treffen. Also seid geduldig mit mir, ich werde Euch trotzallem nicht vergessen!

Nächste Woche werde ich nach Mysore zum Elefantenfestival fahren und noch die ganze Umgebung erkunden, also müsst ihr Euch zum nächsten Blogeintrag nochmal ein wenig gedulden! In zwei Wochen dann wieder, versprochen! 

Tata (was man hier zum Abschied sagt und was, wie mir ein Inder heute stolz erklärt hat, jetzt sogar schon international verwendet wird :D )
Eure Tani 

Freitag, 5. Oktober 2012

Die Magie von Hampi

















Dieser Eintrag ist hauptsächlich Hampi gewidmet. Hampi ist mit dem Bus ins Landesinnere 10 Stunden von Kundapur entfernt im Norden von Karnataka.
Die letzten vier Tage dort waren atemberaubend und klingen noch immer in mir nach wie ein Traum, der einen auch nach dem Erwachen nicht mehr loslässt.
Als wir uns am Freitag zu dritt auf den Weg machten, hatte ich keine Ahnung, was mich dort erwarten würde. Carlo, der Italiener, meinte, dass diese Tempellandschaft und die Ruinen bis jetzt das Beste waren, was er in Indien gesehen hatte. Mmh na gut, dann lass uns doch einfach mal nach Hampi fahren, haben wir uns gedacht.

Schon die Fahrt dorthin war ein Abenteuer: Im Sleeperbus wurden wir in unseren Betten 10 Stunden lang durchgeschüttelt und kamen trotzalledem ausgeruht am nächsten Morgen in Hospet an, von wo aus wir den Bus nach Hampi nahmen. Schon als der Bus seine Türen öffnete, stürmten uns eifrige Inder entgegen, die versuchten uns in ihr Guest House zu locken. Umringt von einer Horde lautstark schnatternder Männer, rettete uns Rama mit seiner Rikscha, mit der er uns für 10 Rupien überall hinbringen wollte. Was für eine Ironie, da ich doch gerade noch in der Kannada Lesson am Tag zuvor den Satz "Oh Rama save me!" gelernt hatte. Wir ließen uns ins Garden Paradies bringen, das uns von anderen Freiwilligen empfohlen worden war. Nach dem Frühstück mit wunderbarer Aussicht auf den Fluss holte uns Rama wieder zu einer Tempeltour ab, zu der wir uns von ihm hatten überreden lassen. Alles natürlich ganz in Ruhe ("Shanti Shanti!"). Wir hatten ungeheuer viel Spaß mit ihm als er uns gegen einen Baum fuhr und sich damit entschuldigte, dass er noch nicht so lange im Rikscha-Business sei, als er statt zu hupen den Leuten auf der Straße lustige Sprüche zurief oder als er uns erklärte, dass er nicht mal eine Hupe hätte.
Er brachte uns zu vielen Tempeln, gab uns eine kurze Erklärung und schickte uns mit dem Auftrag hinein ein paar Fotos zu machen. Diese Bilder konnten natürlich keinesfalls auf einem Foto festgehalten werden. Jahrhunderte alte Tempel, die unverwüstlich in den Himmel aufragten und uns durch ihre vielen kleinen Details verzauberten. Hinzu kam noch, dass wir fast alleine waren und somit die Ruhe und Schönheit dort voll auskosten konnten.
Aber nicht nur die Tempel kamen uns unwirklich vor. Hampi war keine Tempelstadt, Hampi war ein riesiges Reich. Es erstreckte sich über eine große Fläche. Das gesamte Royal Center breitete sich vor unseren Augen aus als wir auf einen kleinen Hügel stiegen. Doch auch die Landschaft leistete ihren Beitrag. So weit das Auge reichte sah man riesige rotbraune Felsbrocken und überwältigt davon, fragte ich mich natürlich wie diese dorthin gelangt waren. Ramas Erklärung war eher religioser Art, was mich nicht so ganz bezufriedigte: "Shiva hat sein drittes Auge geöffnet, weil er aus irgendeinem Grund sauer war und dann ist dieses Chaos von Steinen entstanden. Deshalb beten wir auch immer, er möge nicht sein drittes Auge öffnen!" Im Reiseführer stand in einem Nebensatz etwas von lang zurückliegender Vulkanaktivität und Erosion. Mmh, da muss ich wohl nochmal genauer recherchieren :)
Zum Mittag setzte uns Rama in einem Restaurant ab, wo wir Thali aßen. Das bestellen hier anscheinend die meisten Inder, wenn sie in ein Restaurant gehen. :)
Als krönenden Abschluss des Tages brachte uns Rama auf einen Berg, von dem aus wir den Sonnenntergang beobachten konnten. Wir konnten noch einmal das ganze Reich überblicken und in dem goldenen Licht der Abendsonne kam es uns vor als wäre Hampi wieder zum Leben erwacht und erstrahle in seinem alten Glanz.
Die nächsten Tage genoßen wir ganz shanti shanti, machten ein paar Wanderungen unter anderem zum Hanuman-Tempel (Hanuman ist der Affengott), zum Wasserfall, der unglücklicher Weise zu dieser Jahreszeit nicht wirklich existierte und auf den Matangha Hill, um den Sonnenaufgang zu bestaunen. In diesen Tagen haben wir so viel gesehen, was ich einfach kaum beschreiben kann, deswegen gibt es diesmal einfach ganz viele Fotos, in der Hoffnung, ihr könntet euch ansatzweise ein Bild von dieser Schönheit machen.
Zum Glück hat es am Dienstagabend geregnet, sonst wäre uns der Abschied von Hampi bestimmt um einiges schwerer gefallen. Am Abend kamen wir wieder in Hospet an, von wo aus unser Sleeper zurück ging. Hospet ist eine größere Stadt, die aber laut Reiseführer langweilig und laut Rama ugly sein soll. Mmh naja, viel haben wir auch nicht gesehen von der Stadt, wir waren eher damit beschäftigt, uns nicht im Gewusel zu verlieren und unseren Bus zu finden...
Auf der Rückfahrt hatte ich glücklicherweise ein Doppelbett für mich alleine, was ich nutzte um kreuz und quer zu liegen, ohne jemanden dabei zu stören :D Um 7 Uhr morgens kamen wir  in Kundapur an und wir alle drei machten uns noch halb im Schlaf auf in unsere Schulen. Da wir aber das ganze Wochenende eifrig gemeinsam Pläne geschmiedet hatten, was wir mit unseren Klassen so machen könnten, hatten wir ein sicheres Gefühl und fühlten uns selbst jetzt in der Lage zu unterrichten. Außerdem ist Freitag eh der letzte Schultag vor den großen Ferien, also bloß kein Stress! Shanti Shanti! :D

Was es noch zu sagen gibt:
Mit dem Bestellen in Restaurants komme ich immer besser klar, ich kann mir unter fast allem irgendwas vorstellen.
Im Bus übe ich jetzt immer die gefühlten hundert verschiedenen Handbewegungen, die ich für den indischen Tanz brauche.



Hannah, Conni und ich haben uns mal die indischen Männer näher angeschaut und wirklich fast alle haben einen Schnurrbart.
Ich bin hier ganz begeistert von den Book Shops und hab in Hampi auch gleich mal ein paar Bücher gekauft: "Favourite Fairy Tales" mit vielen Grimm´schen Märchen, "Arabian Nights for children" die ich meinen Kinder vorlesen kann und das "Ramayana" als Comic, was eine Art Volkgeschichte Indiens ist.
"Amerikaner plus Afrikaner sind Inder!" das erklären mir zumindest immer die Kinder :D
Ich sehe oft Inder, die sich an den Händen halten oder die Arm in Arm herumlaufen. Ein ungewöhnlicher Anblick, aber eine schöne Geste der Freundschaft wie ich finde. Auch sonst gehen sie eigentlich alle sehr behutsam miteinander um.

Mittlerweile freue ich mich nicht mehr über die Pfauen, die morgens um fünf durch den Garten spazieren, ich drehe mich nur genervt von ihren Schreien im Bett um.
Hampi ist bis jetzt übrigens auch das Beste, was ich in Indien gesehen hab :)

Bis bald und immer schön shanti shanti!
Eure Tani